Möhne-Talsperre

Malte Montag, 13. Dezember 2021 von Malte

Die Kraft des Lebens mit historischer Dramatur

Die Möhne-Talsperre

Die Möhne-Talsperre…heute beliebtes Ausflugsziel für ein ganze Regionen, war sie einst in ihrer Vergangenheit Ursprung für Tod und Verderben. Die Möhne-Talsperre liegt in Nordrhein-Westfalen, genauer im Kreis Soest. Sie ist über 40 Meter hoch und 650 Meter lang. Sie sollte den Briten im zweiten Weltkrieg helfen, einen vermeintlich erheblichen Schlag gegen die deutsche Waffen- und Rüstungsproduktion zu führen.

Die Möhne-Talsperre erstreckt sich über mehr als 10 Quadratkilometer und fasst knapp 135 Millionen Kubikmeter Wasser. Er staut neben kleineren Bächen, die Möhne und die Heve und versorgt einen Großteil der Region mit Strom durch Wasserkraft. Weiterhin ist ihr vorrangiges Ziel die Niedrigwasseraufhöhung der Ruhr, in die das Wasser der Talsperre über den Unterlauf der Möhne und den Zusammenfluss gelangt. Die Regulation des Wasserstandes der Ruhr garantiert eine gleichmäßige Versorgung des Ruhrgebiets mit Roh- und Brauchwasser.

Genau dies sollten ihr in der Nacht vom 16. auf den 17. Mai 1943 zum Verhängnis werden. In dieser Nacht flogen die britischen Bomber strategische Angriffe gegen fünf Talsperren im Sauerland und Waldecker Land, um die Waffen- und Rüstungsproduktion im Ruhrgebiet zu stören.

Aber beginnen wir ein paar Jahre zuvor. Bereits 1937 begannen die Planungen zur „Operation Chastise“ – auf Deutsch „Operation Züchtigung“. Diese war Teil des „Ruhr Plan“ sowie des „Western Air Plan“ und sah die Bombardierung von 19 Elektrizitätswerken und 22 Kokereien im Ruhrgebiet und Rheinland vor. Darunter befanden sich auch das Elektrizitätswerk unterhalb der Möhne-Staumauer, aber auch andere Werke, wie das Gersteinwerk an der Lippe bei Werne sowie das Koepchen-Pumpspeicherkraftwerk sowie das Laufwasserwerk am Hengsteysee bei Hagen.

Doch über eine geeignete Bombe, deren Explosionskraft stark genug war, um die Staumauer der Möhne-Talsperre zu zerstören, verfügte das Bomber Command bis Anfang 1943 nicht. Die Ideen und Entwicklungen reichten von einem Torpedoangriff bis hin zum Abwurf einer überschweren Sprengbombe.

Eine Arbeitsgruppe verschiedener Wissenschaftler arbeitete über die Jahre an Möglichkeiten für Zielangriffe auf die Staudämme von Möhne und Eder in Deutschland und der Tirso-Talsperre in Italien. Im Frühjahr und Sommer 1941 wurden verschiedene Modelle der Staumauern gefertigt und gesprengt. Auf diesem Wege sollte die Wirkung der verschiedenen Abwurfmethoden ermittelt werden. Um die Staumauer der Möhne-Talsperre zu zerstören, gingen die Wissenschaftler von einem Explosionsgewicht von mindestens zehn Tonnen aus.

Diese Bombe konnte von keiner der damals im Einsatz befindlichen Maschinen transportiert werden. Im Mai 1941 entwickelte der leitende Wissenschaftler und Flugzeugkonstrukteur – Barnes Neville Wallis – daher nicht nur eine entsprechend Große Bombe, sondern auch noch einen riesigen „Victory“-Bomber, dessen Entwicklung von den Vickers Armstrong-Flugzeugwerken aber abgelehnt wurde.

Mit Unterstützung der Admiralität und des Air Ministry setzte Wallis daraufhin seine Forschungs- und Entwicklungsarbeit fort. Sein neunzehnseitiger, im Januar 1942 verfasster Bericht „Air Attack on Dams“ wurde viel beachten und kursierte im Frühjahr 1942 in politischen und militärischen Kreisen. Wallis vertrat in seinem Bericht die Auffassung, dass die Zerstörung der Talsperren im Sauerland (Möhne, Sorpe, Lister, Ennepe, Henne) die Ruhrindustrie von der Wasserversorgung abschneiden würde.

Im Frühjahr 1942 hatte das britische Bomber Command nach der Entscheidung des britischen Verteidigungsausschusses vom 14. Februar seinen Schwerpunkt auf Flächenangriffe gegen deutsche Städte gelegt. Die Talsperren im Sauerland zählten zu den zweit- und drittrangigen Angriffszielen. Wallis, und mit ihm eine Reihe weiterer Personen, sah hingegen in der Zerstörung der wichtigsten Talsperren im Einzugsbereich des Ruhrgebiets weiterhin eine Möglichkeit, die Wasser- und Stromversorgung in dieser Region, die seit dem späten 19. Jahrhundert als die „Waffenschmiede des Reichs“ galt, entscheidend zu treffen.

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Im Dezember 1942 beendete Wallis die Konstruktion einer speziellen, sogenannten „Bouncing Bomb“. Diese „Rollbombe“ besaß ein Gewicht von 4.200 kg und war mit 2.600 kg hochexplosivem Sprengstoff gefüllt. Sie erhielt den Decknamen „Upkeep“ und wurde bis zur Produktion von rund 50 Exemplaren bis Aprils 1943 nochmals modifiziert. In ihrer letzten Version glicht sie nicht mehr einer Kugel, sondern mehr einem Fass bzw. einer Tonne mit rund 1,30 m Durchmesser und 1,60 m Länge.

Die Entwicklung dieser Spezialbombe war aus Sicht der Wissenschaftlicher um Wallis notwendig, da reguläre Bomben das Risiko aufwiesen, von der Wasseroberfläche abzuprallen oder ggf. über den Damm „hinüberzuspringen“ und so ihr Ziel zu verfehlen. Weiterhin musste die Sprengkraft in einiger Tiefe ihr Ziel treffen, um ausreichend Schaden anzurichten und den Damm zum Bersten zu bringen.

Ab Februar 1943 wurden 23 viermotorige Maschinen des Typs „Lancaster Mk III“ für den Transport der „Bouncing Bombs“ umgerüstet. „Upkeep“ musste vor dem Ausklinken im Bombenschacht in Rotation versetzt und in einer bestimmten Höhe und Entfernung vom Ziel abgeworfen werden. Im günstigsten Fall sprang sie dann wie ein Stein über das Wasser, hüpfte über die zur Sicherheit verlegten Torpedonetze, um an der Staumauer abzuprallen und schließlich in der eingestellten Wassertiefe von Rund 9 Metern zu detonieren. Um die exakte Abwurfhöhe bestimmen zu können, erhielten die Lancaster zwei Scheinwerfer, die sich beim Erreichen der genauen Flughöhe überschnitten.



Von den Bombenschützen in den Maschinen sollten dann noch mittels einer speziellen Vorrichtung die beiden Mauertürme anvisiert werden, um die präzise Entfernung für den Abwurf der Bombe zu ermitteln. Nach den Berechnungen von Barnes Wallis, die u.a. in Schottland und Wales durch Experimente an maßstabgetreuen Modellen von Talsperren bestätigt wurden, hielt der gewaltigen Zerstörungskraft keine Staumauer stand.

Am 21. März 1943 wurde vom Hauptquartier des britischen Bomber Command ein Spezialverband für den geplanten Angriff auf die Talsperren zusammengestellt. Die neu gebildete 617. Bomb Squadron der 5th. Bomb Group stand unter dem Befehl des 25-jährigen Wing Commander Guy Penrose Gibson. Er war ein besonders erfahrener Bomberpilot mit bis dahin 173 Kampfeinsätzen über dem europäischen Kriegsschauplatz.

Nach einem sechswöchigen Training, das u.a. über Talsperren in der englischen Grafschaft Derbyshire stattfand, wurden am 15. Mai 1943 die Piloten, Navigatoren und Bombenschützen von 21 Maschinen über Ihren Auftrag, die Angriffsziele sowie den Ablauf der Operation informiert. Schon zwei Tage später gab das Hauptquartier den Angriffsbefehl aus.

Zum Zeitpunkt des Angriffs im Mai 1943 war die Talsperre bis zum Rand mit Wasser gefüllt. Um 00.28 Uhr griffen die Briten die Möhne-Talsperre an, welche nach sechs weiteren Anflügen gegen 00.49 Uhr kollabierte. Sofort ergossen sich gewaltige Wassermassen in das enge Tal der Möhne Richtung ihrer Mündung.

Nach der Zerstörung fielen den talwärts strömenden Wassermassen laut amtlichen Verlautbarungen mindestens 1.579 Menschen zum Opfer. Erst im 40 Kilometer entfernten Hattingen nahm die zerstörerische Wucht der Flutwelle ab. Selbst im Ruhrtal bei Hagen und noh in Steele bei Essen kamen Menschen durch das Hochwasser zu Tode. Durch die ebenfalls geplante Zerstörung des Staudamms der Sorpe-Talsperre bei Arnsberg und der Mauer der Ennepe-Talsperre bei Hagen hätten sich die Auswirkungen der nächtlichen Operation zweifellos noch weitaus schwerwiegender gezeigt.

Offizielle Eindrücke anlässlich der Besichtigung der Schäden lauteten wie folgt:

„Die Zerstörung der Möhnetalsperre übersteigt alle Vorstellungen. Das untere Möhnetal und das Ruhrtal zwischen Neheim und Hengsteysee ist völlig zerstört. Wie oft hat die Menschheit schon solche fürchterlichen Rückschläge aus ihrer technischen Tätigkeit erleben müssen! Niemand hätte im Jahre 1911 bei der Fertigstellung der Möhnetalsperre geglaubt, dass sie der Heimat mehr Unheil als Segen bringen würde.“

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